Hallo, lieber Mathias, hallo zusammen ...
entschuldigt bitte, dass ich mich jetzt erst melde ... ich war am Wochenende unterwegs.
Aber die liebe Isi von Breisgau Störche hat ja bereits recht ausführlich auf Mathias' Frage geantwortet.
Mathias, Deine Frage lautete:
Mathias hat geschrieben: Do 9. Jan 2025, 16:18Gibt es pi-mal-Daumen Erfahrungswerte aus den vergangenen Jahren, wann die West-ziehenden Störche mit der Rückreise nach Norden beginnen?
Und - falls diese Frage überhaupt zu beantworten ist - fliegen die Störche zuerst los, die am weitesten weg sind (weil sie die längste Strecke haben), oder merkt man keinen Unterschied?
Man kann tatsächlich sagen, die Rückreise der einzelnen Störche passiert sehr individuell.
Wobei man schon auch feststellen kann, dass jüngere bzw. ganz junge Weißstörche eher zum Bummeln neigen - sowohl auf dem Hinweg in den Süden, als auch auf dem Rückweg in den Norden - während ältere Störche bereits mit ihren Erfahrungen im Laufe ihres bisherigen Lebens gute Abkürzungen kennengelernt haben und sich daher zielstrebiger auf den Rückweg in ihre Brutgebiete machen, sofern sie auch schon ein ganz bestimmtes Brutnest ihr eigen nennen, das sie rechtzeitig vor anderen konkurrierenden Störchen erreichen möchten.
Es ist daher kein Wunder, dass Nesteigentümer, die ihr Nest schon im Vorjahr häufiger gegen Konkurrenten verteidigen mussten, eher dazu neigen, sich früher auf den Weg zu ihren Nestern zu machen. Wobei auch das wohl ganz individuell sein kann, da es auch unter Störchen - wie unter den Menschen - welche gibt, die die Verteidigung ihres Nestes und die Aufzucht des eigenen Nachwuchses ernster nehmen als andere.
Bei Jungstörchen ist das etwas anders, denn im Normalfall "begeistern" sich Jungstörche in ihrem ersten und meist auch noch in ihrem zweiten Jahr noch gar nicht so sehr für das Brüten, auch wenn sie vielleicht schon mal dazu neigen, älteren Störchen ihr Nest streitig zu machen bzw. eigene Versuche starten, ein eigenes Nest zu bauen. Das Verhalten hängt natürlich von ihrer Geschlechtsreife ab.
Der
zweijährige Leon (er ist 2022 in Freiburg-Hochdorf auf der St. Martin Kirche geschlüpft und rechts beringt mit der Nummer DER A7Y54) gehört hier eher zu den Ausnahmen, auch wenn es offenbar zunimmt, dass jüngere Störche schon mit zwei Jahren Eltern werden. Leon war 2024 in Hamm (NRW) Erstbrüter (siehe
Webcam der Familie Koehler) mit einem Küken (Luka) im Nest und war daher ein sehr junger Papa!
Will sagen, die jungen Störche schweifen in den ersten 24 bis 36 Monaten ihres Lebens eher herum, viele bleiben zudem in ihrem ersten oder sogar in ihrem zweiten Jahr noch im Süden, bevor es sie wieder im Spätwinter bzw. im frühen Frühjahr nach Norden in die Brutgebiete ihrer Artgenossen zieht.
Außerdem ist es auch so, dass die jüngeren Störche sich eher Trupps von Artgenossen anschließen, während die älteren Störche eher dazu neigen ihre eigenen Flugrouten zu wählen, die sie im Laufe ihres Lebens verfeinert haben. Allerdings passiert dies gewiss auch immer in Abhängigkeit von den jeweiligen Witterungsbedingungen und je nach Zuglust.
Brioche (
Geschlecht unbekannt) ist ein tolles Beispiel für einen Ostzieher, der auch noch so weit in den afrikanischen Süden geflogen ist.
Aber selbst unter den Störchen gibt es welche, die nicht unbedingt ihrer Route treu bleiben, aber das hängt natürlich auch vom Alter ab.
Ältere Störche nehmen tendenziell häufiger ihre bisherigen Routen als die jüngeren, die sich - aus ihrer Unsicherheit heraus - lieber einer Gruppe von Störchen anschließen - egal wohin die Reise geht.
Ich möchte Dir/Euch als Beispiel die Jungstörchin "
Gambia (X9X54)" vorstellen, die 2023 in Loburg (östl. von Magdeburg / Hannover), geschlüpft ist und in ihrem ersten Jahr (Sommer 2023) mit Westziehern nach Spanien geflogen war, aber in ihrem zweiten Jahr (August 2024) zu einem Ostzieher wurde.
Siehe:
https://storchenhof-loburg.de/patenscha ... ml?isorc=1
Im Sommer 2023 flog sie auf einer Westroute bis nach Südspanien und überwinterte dort südlich von Sevilla. Anfang/Mitte März 2024 flog sie dann in Etappen wieder nach Norden und erreichte Anfang Mai 2024 Deutschland. In Nordhessen (bei Wabern) wurde sie am 5. und 6. Mai 2024 gesichtet:
https://storchenhof-loburg.de/satellite ... 2naZ4E-OnQ
https://www.facebook.com/groups/storche ... 461277135/
https://www.facebook.com/storchenhof.lo ... 207196372/
Von dort flog sie weiter in den Norden und erreichte Mitte Mai 2024 das Gebiet bei Lüneburg, südlich von Hamburg. Dort hielt sie sich bis Anfang Juni 2024 zw. Hamburg und Göttingen in verschiedenen Gebieten auf.
Dann flog sie am 8. Juni 2024 von Kelbra/Sangerhausen aus plötzlich recht gerade nach Osten über Cottbus und erreichte Mitte Juni ein Gebiet südlich von Kalisz (Polen). Dort blieb sie etwa 3 Wochen lang bis Anfang Juli 2024 und flog wieder nach Nordwesten, um eine größere Schleife bis Anfang August 2024 über Rostock, Wismar, Walsrode und Hildesheim zu fliegen, um abermals in den Osten Deutschlands aufzubrechen.
Zwischen dem 6. und 10. Aug. 2024, irgendwo zwischen Dessau und Bautzen, schloss sie sich dann wohl einem Trupp von Ostziehern an und flog mit diesem in den Südosten Europas (es kann aber zuweilen sein, dass sie auf dem Weg in den Süden mehrmals die Reisegruppe wechselte).
Mitte August 2024 überflog sie Ungarn und Rumänien und erreichte am 20. August schließlich Istanbul, südöstlich davon übernachtete sie vermutlich.
Innerhalb von gut 3 Tagen überflog sie die Türkei, erreichte am 23. oder 24. August Syrien, flog nach Süden über Jordanien und Israel weiter.
Am 27. Aug. 2024 überflog sie den westlichen der beiden Meerarme im Norden des Roten Meeres und erreichte das Gebiet östl. von Luxor (Ägypten).
Am nächsten Tag ging es weiter nach Südwesten durch den Sudan, bis sie am 2. Sept. 2024 die Grenze zum Tschad überflog.
Im Tschad hielt sie sich über 3 Wochen lang auf, zog dann aber Richtung Osten und Südosten weiter, flog mit längeren Pausen im Süden des Sudans weiter, und das entlang der Grenze zwischen Sudan und Südsudan bis nach Äthiopien, das sie dann am 26. Nov. 2024 erreichte.
In Äthiopien bog sie dann nach Süden ab, durchquerte ab Dez. 2024 Kenia (überflog Nairobi) und Tansania. Im Ruaha Nationalpark pausierte sie ca. 2 Wochen lang (vom 10. bis 24. Dez. 2024) und flog dann wieder weiter Richtung Südosten, wo sie am 1. Weihnachsfeiertag den Nordosten von Sambia erreichte.
Ende Dezember befand sie sich noch im südlichen Teil von Ost-Sambia.
Ihre letzte Ortung aus dem selben Gebiet stammt vom 7. Januar 2025.
Wo sie sich aktuell befindet, das wird man - hoffentlich - in ein paar Wochen wissen.
Hier die Flugrouten in den Karten und die Daten der Jungstörchin Gambia:
- Die Jungstörchin Gambia ist 2023 in Loburg (bei Magdeburg) geschlüpft, überwinterte nach ihrem ersten Storchenzug in Spanien
und ist jetzt, bei ihrem zweiten Storchenzug, auf dem afrikanischen Kontinent unterwegs.
- In der Movebank sieht man alle Flugbewegungen der Jungstörchin Gambia. Zuletzt wurde sie am 7. Jan. 2025 in Sambia geortet.
- Das Datenblatt von Gambia
- GambiasDaten_07Jan2025_Sambia_Movebank.png (59.85 KiB) 166 mal betrachtet
Liebe Grüße,
Elisa
P.S.:
Noch ein Video-Tipp, speziell für Deine Frage, lieber Mathias ...
... nämlich ein Video von einem Vortrag von Dr. Wolfgang Fiedler:
https://www.youtube.com/watch?v=oOkM_KzrGsI