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Frei wie ein Vogel - Wie tierfreundlich ist die Vogelzucht ?

Austausch über die Vogelzucht
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VP-Archivar
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Frei wie ein Vogel - Wie tierfreundlich ist die Vogelzucht ?

Beitrag von VP-Archivar »

Harry schrieb am 17.08.2009, 07:30:

Karlsruhe (dac) - Am 29. und 30. August veranstaltet die Vereinigung für Artenschutz, Vogelhaltung und Vogelzucht e.V. (AZ) eine Tierschau im Kongresszentrum Karlsruhe. Dabei sollen die schönsten der fast 3000 angemeldeten Sittiche, Prachtfinken und Zwergpapageien ausgezeichnet werden. Artenschutz und Tierwettbewerb - wie passt das zusammen? ka-news hat nachgefragt.

Mit einer "überraschend großen Anzahl exotischer Vögel" wirbt der AZ in seiner Pressemeldung. Die schönsten sollen mit Europameister-Titel ausgezeichnet werden. Wie aber kann eine Veranstaltung, die das Aussehen von Tieren zur Freude des Menschen in Wettbewerb stellt, dem Artenschutz dienen, wie der Name des veranstaltenden Vereins suggeriert?

Es gebe nicht nur Käfigzuchtprogramme, erklärt Marc Phillipps, Medienreferent des AZ. Seine Vereinigung engagiere sich aktiv im Tierschutz, betont er und verweist auf die Zusammenarbeit mit dem Bundesverband für fachgerechten Natur- und Artenschutz, BNA. Beispielsweise beteilige man sich an der Zucht bedrohter Arten, die im jeweiligen Verbreitungsgebiet ausgewildert würden. So sei das Papageienzuchtprogramm der Loro-Parque-Foundation auf Teneriffa ein Projekt, an dem sich der AZ beteilige.

Tierschutzbund: Für Hobbyzucht sehen wir keinen Grund

Die auf der Vogelschau ausgestellten Arten seien jedoch ausschließlich solche, die unter Züchtern in großer Anzahl existierten. Man beschränke sich dabei auf Vogelarten, die nicht vom Washingtoner Artenschutzabkommen betroffen seien. Außerdem könnten Züchter aufgrund der Gesetzeslage keine Exemplare bedrohter Arten aus dem Ausland beziehen. Sollte ein Fall illegaler Beschaffung in den Reihen des AZ bekannt werden, beteuert Phillipps, würde der Verein sofort Anzeige erstatten. "Das geht dann sofort ans Regierungspräsidium."

Kritiker erheben dennoch Einspruch. Grundsätzlich stehe man dem Zuchthobby von Vogelliebhabern ablehnend gegenüber, so James Brückner, Fachreferent für Arten und Naturschutz des Deutschen Tierschutzbundes. Auch wenn Vereine wie der AZ hinsichtlich gewisser Rassen Initiativen zur Arterhaltung unterstützen mögen, betreffe dies nur wenige Arten. Generell bestehe der Verdacht, dass mit solchen Maßnahmen der bloße Hobbygedanke, der mit Naturschutz wenig und mit Tierschutz schon gar nichts zu tun habe, kaschiert werde. "Für eine solche Zucht sehen wir keinen Grund."

Geklärte Fronten für den Naturschutz

Julian Heiermann vom Naturschutzbund Deutschland, NABU, dort zuständig für Natur- und Umweltinformationen, spricht von einer häufig zu beobachtenden Praxis des "Greenwashing". Dabei versuchten Unternehmen oder Organisationen, die eigentlich zum Schaden der Umwelt agierten, sich mit PR-Mitteln einen grünen Anstrich zu geben. Allerdings könne man dies für den AZ nicht bestätigen, da man sich bisher zu wenig mit dem Thema befasst habe.

Es klingt ohnehin, als habe man sich von Seiten der Naturschützer mit der Zucht exotischer Tierarten arrangiert. Man könne nur versuchen, beim Zoll darauf zu achten, dass keine neuen Tiere eingeführt werden, gibt Heinz Kowalski, Leiter des NABU-Bundesfachausschusses für Ornithologie und Vogelschutz, zu verstehen. "Die Diskussion mit den Züchtern ist längst ausgestanden. Die hat in den 60er Jahren stattgefunden." Tierquälerei sei erst auszumachen, wenn gegen die gesetzlichen Bestimmungen verstoßen werde.

Einhaltung der Bestimmungen durch Vereinsorganisation

Mit der Situation arrangiert hat man sich dagegen von Seiten der Tierschützer nicht. Bei der Tierhaltung gebe es Gutachten zur artgerechten Haltung, die meist wenig aussagekräftig seien, erläutert James Brückner vom Tierschutzbund. "Wir versuchen immer wieder, diese Gutachten zu überarbeiten und dem Stand der Wissenschaft anzupassen." Außerdem wünsche man sich ein Verbot für Rassen, die aus Tierschutzsicht Qualzuchten darstellen, also Zuchtvarianten, die für die Tiere etwa mit Schmerzen oder Verhaltensstörungen verbunden sind.

Marc Phillipps sieht seinen Verein davon nicht betroffen. "Wir halten uns an die gesetzlichen Regelungen." Die Mitglieder des AZ würden entsprechend innerhalb ihrer Ortsgruppe immer wieder kontrolliert. Allerdings könne man bei unabhängigen Züchtern nicht einsehen. Da liegt die Beurteilung der Haltung bei den zuständigen Veterinären. Diese hätten, moniert Phillipps, aber meist keine Ahnung von den speziellen Vogelarten. Im Verein sei weit mehr Wissen und damit auch bessere Bedingungen gegeben.

Ob Zucht und Ausstellung optisch besonders gut geratener Vögel als Tierquälerei einzustufen sind, liegt weiter im Auge des Betrachters. Auffällig ist, dass in der öffentlichen Diskussion Naturschutz und Tierschutz gerne vermischt werden. Das mag daran liegen, dass die Züchter in ihrer Außendarstellung hauptsächlich mit Artenschutz argumentieren, obwohl sich die Kritik eher auf den Tierschutz bezieht.

Quelle: KA-News
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